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Lisl geht schon früh als Dirn in den Dienst.
Es dauert nicht lange, bis sie sich in den Jungbauern verliebt und von ihm schwanger wird.
Viele Jahre später, kurz nach Lisls Tod, ist es ihr Sohn Paul, der das nun verwaiste Elternhaus ausräumt.
Der Brief eines Fremden, der ihm dabei in die Hände fällt, bringt den Stein ins Rollen.
Schnell zeigt sich, dass Paul auf der Suche nach weiteren Briefen nicht nur das Haus,
sondern auch seine Familiengeschichte auf den Kopf stellt.

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LESEPROBE

Eine Woche ist es her, dass wir uns beim Begräbnis wiedersahen.
Oft hatte ich mir in den letzten Jahren vorgenommen, Tante Rosi zu besuchen.
Wäre meine Mutter nicht gestorben, ich hätte es vielleicht nie getan.
Ihre Einladung zum Mittagessen wollte ich daher nicht ausschlagen,
auch wenn ich mir eigentlich vorgenommen hatte, heute mit dem Ausräumen voranzukommen.
„Was wirst denn jetzt machen mit dem Haus?“, fragt sie, während sie am Herd hantiert. 
„Weiß ich noch nicht. Viel zum Ausräumen gibt es halt.“
„Aber hergeben wirst es nicht. Ist ja doch dein Elternhaus.“
Mit dem Kochlöffel in der Hand schaut sie über die Schulter zu mir herüber.
„Du, schau, das geht gleich über“, lenke ich ihre Aufmerksamkeit wieder auf den Herd.
„Welche Gläser soll ich denn nehmen?“
„Nimmst halt die roten. Weißt eh noch, wo die sind.“
Während sie den Schweinsbraten aus dem Ofen holt und das Fleisch aufschneidet, gehe ich hinüber zur Vitrine.
Zwei Schwarz-Weiß-Fotos hängen daneben an der Wand. Ein großes, das Hochzeitsfoto von Tante Rosi und dem Poldi-Onkel.
Und ein kleines, das sie mit meiner Mutter zeigt. Es wurde deutlich früher aufgenommen, denn Tante Rosi trägt einen Schulranzen.
Einen Kopf größer steht daneben meine Mutter und legt den Arm um ihre kleine Schwester. 
„Hat dich Mama da von der Schule abgeholt?“, rufe ich hinüber in die Küche. 
„Meinst das Foto neben dem Poldi? Das weiß ich nicht mehr. Aber die Lisl hat da ja gar nicht mehr bei uns gewohnt.“
Ich höre, wie sie Geschirr zum Tisch trägt, und gehe zurück in die Küche.
Tante Rosi wartet nicht, bis ich mir nehme, sondern häuft Schweinsbraten, Knödel und Erdäpfel auf meinen Teller.
„Danke, danke“, sage ich und setze mich zu ihrer Rechten, weil sie auf dieser Seite besser hört.
Fast hätte ich auf das Tischgebet vergessen und zu essen begonnen.
Als sie die Augen schließt, lege ich schnell die Gabel beiseite und stimme in den vertrauten Segenswunsch ein. 

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INFORMATIONEN ZUM BUCH

Bernhard Morawetz
VERWACHSEN
ISBN:  978-3-903190-65-8
1. Auflage Mai 2024
Hardcover, Fadenheftung
276 Seiten, € 25,30

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