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Franz Sommer hat es als uneheliches Kind einer Bauernmagd von Anfang an nicht leicht.
Kaum erwachsen, muss er 1916 in den Krieg, das versprochene Erbe des Onkels bekommt er nicht.
Als Eisenbahner in Bischofshofen trifft er auf Leni.
Bald sind die beiden ein Paar, ziehen in die Steiermark, bekommen Kinder.
Glückliche Jahre bahnen sich an.
Krankheit, Wirtschaftskrise, politische Wirren, Nationalsozialismus und wieder Krieg – all das scheint ihm nichts anzuhaben.
Franz bleibt der Optimist und Menschenfreund, der er immer schon gewesen ist,
widmet sich der Kleintierzucht – und den Frauen.

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LESEPROBE

Sie war schwanger. Sie war sich sicher, sie fühlte es – etwas war in ihrem Körper im Gange.
Nicht nur dass ihre Blutung ausblieb, sie am liebsten ständig Sauerkraut essen wollte,
dessen Vorrat sich aber im April schon ziemlich erschöpft hatte,
nicht nur dass sie ein unangenehmes Ziehen in ihren Brüsten verspürte – auch ihr Blick war mit einem Mal ein anderer geworden.
Die Wiesen schienen ihr grüner, saftiger als sonst, die Milch spritzte in dicken Strahlen aus den Eutern der Kühe
und hatte in ihren Augen einen bläulichen Schimmer.
Und die Bäuerin drangsalierte sie in den letzten Tagen mehr als sonst, wo es nur ging.
Mit der Erfahrung einer fünffachen Mutter ahnte sie es.
Die Arbeit ging der Magd wie immer vonstatten; tagsüber packte sie überall an,
unterdrückte aufkommenden Schwindel und Brechreiz, so gut es ging.
Sie aß, was in der Stube kredenzt wurde, und tat alles, um sich nichts anmerken zu lassen.
Sie fühlte sich schuldig, obwohl sie wusste, dass sie es nicht hätte verhindern können.
Der Mann hatte es so gewollt, und sie hatte ihn gewähren lassen.
Was geschehen wäre, wenn sie sich gesträubt hätte, wollte sie sich gar nicht erst ausmalen.
Es kursierten genug Geschichten über Männer unter den Dienstboten, die ihr Recht mit Gewalt eingefordert hatten.
Immer hatten die Frauen den Kürzeren gezogen. Da war es vernünftiger gewesen, sich zu fügen.
Immerhin war er zärtlich gewesen, hatte ihr danach übers Haar gestrichen, er war kein Unmensch.
Im Gegenteil – er war einer, den die Menschen mochten und fürchteten.

Männer können sich nicht zurückhalten, du musst sie halt so nehmen, wie sie sind,
hatte Barbara, die Magd vom Leitnerbauern, gesagt.
Sie seufzte, während sie eine volle Milchkanne aus dem Stall schleppte.
Was hast denn? Bist heut so tramhappert, schnauzte der Großknecht sie an.
Den Namen, das wusste sie, den Namen des Vaters durfte sie nicht preisgeben.
Eine Schmach war es so und so. Ein Kind der Schande, ein Bankert. Na, und wenn schon. Warum sollte sie es bereuen?
Jetzt ließ sich ohnehin nichts mehr rückgängig machen, sie würde das Kind auf jeden Fall austragen,

eine Engelmacherin kam für sie nicht in Frage.
Als sie aus der Milchkammer trat, lief ein Huhn aufgeregt gackernd vor ihr davon. Fast wäre sie gestolpert.

Kannst immer kommen, wennst was brauchst, hatte der Mann zu ihr gesagt, während er sich die Hose zuknöpfte.
Aber war das ernst gemeint?
Oder würde er sie nicht schon am nächsten Tag vergessen und am übernächsten sich einer anderen zugewandt haben?
Dass sie jetzt ein Geheimnis bewahrte, machte sie in gewisser Weise stolz.
Alle würden sie wissen wollen, wer der Vater war. Alle würden sie rätseln und Gerüchte ausstreuen.
Der Bauer war ’s, man hat ihn des Öfteren von der Dienstbotenkammer kommen sehen.
Der Großknecht, der geile Bock, der war ja hinter allen Kitteln her.
Am End’ gar der Pfarrer, dem sie ein paarmal Speck und Brot gebracht hatte. Von ihm hörte man auch so manche Sachen.
Auf jeden Fall musste es einer sein, den sie nicht verraten durfte, weil das für sie alles nur verschlimmert hätte.
Immer wieder würde man sie ausfragen, und immer würde sie schweigen und die Macht eines Geheimnisses genießen.

Um Weihnachten würde das Kind auf die Welt kommen.
Sie musste insgeheim lachen.
Fast eine Jungfrauengeburt wie beim Kind in der Krippe. Vater unbekannt.

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INFORMATIONEN ZUM BUCH

Josef Mostbauer
DER KURZE ATEM DES KLEINTIERZÜCHTERS
ISBN:  978-3-903190-54-2
1. Auflage Oktober 2022
Hardcover, Fadenheftung, Lesebändchen
260 Seiten, € 24,20

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